Lukas 16 – eine Auslegung

Lukas 16 – eine Auslegung
  • Seite 1: Einleitung und Kontext
  • Seite 2: Das Gleichnis vom untreuen Knecht
  • Seite 3: Ich und mein Geld
  • Seite 4: Ein wunderschöner Vers
  • Seite 5: Ein komischer Vers
  • Seite 6: Lazarus
  • Seite 7: Wie es weiter ging

Lazarus

Ohne Unterbrechung folgt jetzt wieder eine Geschichte von Jesus.
Wieder ein gewisser reicher Mann … im Kontrast dazu der arme Lazarus.
Vordergründig könnte man meinen: Reichtum ist schlecht und Armut/Leiden ist was Gutes und nach dem Tod wird einfach alles umgekehrt.
Das wäre das offensichtliche Bild.

Lasst uns nochmals auf den Kontext schauen, denn der wird jetzt wieder wichtig.
Die geistlichen Führer haben Jesus abgelehnt (Lukas 11).
Sie sagen, dass Jesus nicht der Messias Gottes sei, sondern vom Teufel besessen ist.
Jesus geht auf Konfrontation mit ihnen.
Er sagt, dass die geistlichen Führer untreue Verwalter von Gottes Volk sind (Kapitel 16).
Gleichzeitig zeigt er ihnen auf, was der richtige Weg wäre: weg von den aufgebürdeten unerfüllbaren Regeln, Zwängen und Gesetzen, hin zu Vergebung und Gnade.
Die geistlichen Führer lehnen Jesus erneut ab und verhöhnen Jesus (Lukas 16,14).
Nun bereitet Jesus das Zeichen des Jona vor.
Und hier setzt das Gleichnis ein.

Also wieder ein gewisser reicher Mann … im Kontrast dazu der arme Lazarus.
Ob das wirklich „nur“ ein Gleichnis ist, oder doch eine reale Geschichte ist fraglich.
Es sprechen einige gute Argumente dafür, dass es sich um die Wirklichkeit handelt.

  1. In Gleichnissen kommen ansonsten nie Namen vor. Hier erwähnt Jesus explizit den Namen des Armen: Lazarus
    (Geht auf das hebräische Elazar oder Eleazar zurück – „Gott hilft“ oder „Gott hat geholfen“ oder zu Deutsch: „Gotthilf“)
  2. In Gleichnissen geht es sonst nie um religiöse Begrifflichkeiten, hier haben wir zumindest den Begriff „Abrahams Schoß“ und es ist vom Totenreich die Rede. Also alles keine Situation, wie sie alltäglich vorkommt und wie wir sie alltäglich erleben … wäre auch etwas komisch.
  3. In Gleichnissen gibt es immer eine Situation, in der man denkt: „Hä? Das ergibt doch keinen Sinn“.
    Hier gibt es das nicht.
  4. Etwas später erweckt Jesus seinen Freund namens Lazarus wieder zum Leben. Dieser reale Lazarus war der Bruder von Maria und Marta.

Vielleicht liegt hier also doch eine reale Geschichte vor.
Desto mehr sollten wir bemüht sein Menschen zu retten.
Und genau dafür sollen wir den Mammon, das Geld, den Besitz und unsere Gaben einsetzen.

Trotzdem spielen wir hier auch wieder unser Spiel: Wer ist wer?

Also, wer ist wer?

(Ein Versuch einer Auslegung)

Die Preisfrage in diesem Gleichnis ist: Wer ist der „gewisse reiche Mann“?
Ist es der „gewisse reiche Mensch“ der habsüchtig größere Scheunen baut? (Lukas 12,16)
Oder ist es der Herr, der sein Hab und Gut einem Knecht (Verwalter) anvertraut? (Lukas 12,42)

In der Vorgeschichte wird es deutlich.
Der reiche Mann war ein Mensch, der geldgierig und habsüchtig war und seinen Luxus in vollen Zügen genoss. Man könnte sagen er diente voll und ganz dem Mammon. Sein Geld, sein Besitz und seine Gaben setzte der reiche Mann nur für sich ein. Die Mitmenschen kamen dabei überhaupt nicht vor und Gott schon gar nicht. Wie der Mensch mit seinen großen und noch größeren Scheunen in Lukas 12,16

Auf einer geistlichen Ebene waren die Pharisäer und Schriftgelehrten auch reich.
Sie hatten großes Wissen über das Gesetz und seine Auslegungen, vergaßen aber dabei völlig die Menschen.
Es war nur noch wichtig, wie man vor anderen Menschen dasteht und doch waren ihnen Menschen egal.
Es war nur noch wichtig, wie man vor anderen Menschen dasteht und nicht, wie man vor Gott dasteht.

Interessant auch, dass sich die katholischen Kardinäle bis heute so kleiden wie der reiche Mann (in Purpur und feine Leinwand), aber das ist heute nicht der Punkt.

Egal ob materiell reich oder geistlich reich …
… beide Gruppen denken nur an sich.
… beide Gruppen vergessen den Mitmenschen.
… beide Gruppen vergessen Gott und haben keine Gottesfurcht.

Der reiche Mann könnte aber wie oben beschrieben auch der untreue Knecht/Verwalter sein, denn er hat seinen von Gott gegebenen Besitz und Segen nicht weitergegeben.
Wiedermal wären beide Varianten zulässig.

Der Tod: Nur ein Augenblick

Der Tod ist nur ein Augenblick, und plötzlich ist alles anders.
Es gibt kein Seelenschlaf bis zur Auferweckung, oder ein Nirvana, oder einen glückseligen Zustand des Seins. Nach dem Tod sind beide, der Reiche und der Arme bei vollem Bewusstsein, aber unter umgekehrten Vorzeichen.

Ein Paar interessante Dinge, die wir hier erfahren:

  • Der Reiche leidet, er spürt also Schmerz und hat volle Sinneswahrnehmung
  • Der Reiche erkennt die anderen Personen aus seinem Leben
  • Der Reiche erinnert sich an seine Zeit in seinem Leben
  • Der Reiche spricht Abraham als „Vater“ an und Abraham spricht ihn als „Sohn“ an. Es geht also auch um Verwandtschaft. Der reiche Mann war also ein Jude (Lazarus ebenfalls).
  • Hier spricht nur Abraham zu dem Reichen, nicht aber Lazarus.

Ein Jeder bekommt seinen „Lohn“.
Lazarus:

„Denn nicht für immer wird der Arme vergessen,
noch geht der Elenden Hoffnung für ewig verloren.“

Psalm 9,19 (ELB)

„Denn retten wird er den Armen, der um Hilfe ruft,
und den Elenden und den, der keinen Helfer hat.“

Psalm 72,12 (ELB)

Der reiche Mann:

„Wer über den Geringen sich erbarmt, leiht dem HERRN,
und seine Wohltat wird er ihm vergelten.“

Sprüche 19,17 (ELB)

„Wer sein Ohr verstopft vor dem Hilfeschrei des Geringen,
auch er wird einst rufen und keine Antwort erhalten.“

Sprüche 21,13 (ELB)

Warum landet der reiche Mann in solchen Qualen?

  • Der reiche Mann stammt von Abraham ab, gehört also zum auserwählten Volk.
  • Der reiche Mann war sehr reich, was immer ein Zeichen von Segen ist.
  • Der reiche Mann wusste vom Gesetz und den Propheten.

Und doch …

  • Der Reiche ist nicht hier wegen seiner Abstammung.
  • Der Reiche ist nicht hier wegen seinem Luxus bzw. wegen seinem Reichtum.
  • Der Reiche ist nicht hier wegen seinem Wissen.

Und doch ist er genau deshalb im Hades/Totenreich:

  • Dem reichen Mann waren seine Brüder (seine Volksgenossen) egal.
  • Der reiche Mann behielt seinen Segen bzw. Gottes Segen für sich.
  • Dem reichen Mann war Gott und seine Gebote egal.

Es geht nicht nur darum ein Hörer von Gottes Wort zu sein bzw. einen Schein von Religiosität zu haben, wie die Pharisäer, und dabei das wesentliche vergessend.
Es geht darum das Wort Gottes wirklich auch zu tun. Den empfangenen Segen, den eigenen Reichtum, den Mammon, den Besitz, die Gaben auch wirklich für Gott einzusetzen.

Warnung an die fünf Brüder.

Die Fünf steht meist für das Gesetz Gottes und ist dadurch auch eng mit der Zehn verbunden.
Die 5 Bücher Mose bezeichnet man als Gesetz.
Die 10 Gebote sind auf 2 Tafeln mit jeweils 5 Geboten aufgeteilt.
Es gab 5 Opfer und der Altar war 5 Ellen lang und breit.
In der Schöpfungsgeschichte heißt es 10x „und Gott sprach“.
Jeder Mensch hat 10 Finger und 10 Zehen (jeweils 2×5).
Somit kann man sagen die 5 steht für das Gesetz und die 10 für das Tun.
Beides steht also für das Tun des Gesetzes im speziellen.

Aber wer sind nun die Brüder?
Man muss etwas in der Bibel suchen, um 5 Brüder zu finden.
Man findet sie bei Josef. Als Josef (Jesus) sich wieder mit seinen Brüdern versöhnt hatte, nahm er 5 seiner Brüder und stellte sie vor den Pharao (1. Mose 47,2).
Die fünf Brüder stehen also für das gesamte Volk Israel.
Man kann also sagen, sie stehen für das Volk, das unter das Gesetz gestellt wurde und das Gesetz tun sollte.

Was ist die Botschaft für die Fünf?
Der Reiche möchte sie waren lassen, durch nichts Geringeres als eine Auferstehung von den Toten.
Nichts im Leben ist so sicher wie der Tod. Schon immer sucht der Mensch Möglichkeiten diese Grenze zu Überwinden. Was könnte es also Krasseres geben, als eine Auferstehung von den Toten.
Abraham antwortet etwas trocken wie mir scheint:

„Sie haben Mose und die Propheten. Mögen sie die hören!“

Lukas 16,29 (ELB)

Abraham selbst wusste aber eigentlich noch von einem besseren Weg, ein Weg, den man mit offenen Ohren und offenen Augen und einem offenen Herzen durchaus gefunden hätte:

„Und er (Abraham) glaubte dem HERRN; und er rechnete es ihm als Gerechtigkeit an.“

1.Mose 15,6 / Römer 4,3 / Galater 3,6 / Jakobus 2,23 (ELB)

Aber diesen Weg erkannte das Volk nicht.
Und genau die Propheten sprechen immer und immer wieder von den verschlossenen Ohren, verschlossenen Augen und widerspenstigen Herzen.
Jeremia 5,21 ff / Jeremia 25,4 ff / Hesekiel 12,2

Und doch bettelt der reiche Mann hier weiter.

Warnst du, warne ich?

Es ist nicht mehr modern vor der Hölle und vor den Qualen nach dem Tod zu warnen.
Wir hören gerne frohe Botschaften, wohlklingende und schmeichelnde Worte, Predigten die uns gefallen und nicht weh tun.
Keiner will mehr Angst bekommen, wenn er von Gott bzw. Jesus hört.

Aber was macht die frohe Botschaft (das Evangelium), zu einer frohen Botschaft?
Ist es nicht beides? Die Gnade und die Rettung … eben vor dem Gericht!

Ja, es ist beides:

„Sieh nun die Güte und die Strenge Gottes: […]“

Römer 11,22 (ELB)

Oder im Brief an die Philipper:

„[…], bewirkt euer Heil[12] mit Furcht und Zittern!“

Philipper 2,12 (ELB)

Wieso bin ich Christ und wieso glaube ich an unseren Herrn Jesus Christus?
Ist es die Furcht vor Gott und seinem gerechten Gericht? -Ja
Ist es die Liebe und Gnade des Vaters, der seinen Sohn für mich gab? -Ja
Es ist beides.

Die Frage ist also für mich: Warne ich andere vor dem Gericht und den realen Qualen, die auf die Menschen warten?
Ja, es betrübt mein Herz und macht meine Seele traurig, wenn ich meine Mitmenschen und ihre Verlorenheit sehe und gleichzeitig meine Scham und Mutlosigkeit.
Ja, es betrübt mein Herz, wenn ich Massen an Menschen sehe (z.B. auf Märkten, im Stadion, beim Karneval) und genau weiß, dass die Allermeisten verlorene Seelen sind.
Es gibt nichts Schlimmeres, als die Beerdigung eines Menschen, der Jesus Christus nicht aufnahm.

Apropos Beerdigung.
Ist dir aufgefallen, dass Lazarus nicht beerdigt wurde?
Er starb und wurde getragen.
Der Reiche aber wurde begraben.

Lazarus, komm heraus!

Das wirklich, wirklich, wirklich traurige an der ganzen Geschichte ist:
Jesus gibt den Juden genau dieses Zeichen. (Johannes 11)
Er gibt den Juden das Zeichen des Jona.
Ein Mensch, Lazarus, war schon 4 Tage tot … so wie Jona 3 Tage im Bauch des Fisches war.
Jesus bleibt extra noch 2 Tage wo anders und ging dann erst.
Er geht also auf die Bitte des reichen Mannes ein.

Und was geschieht?

„Jesus weinte.“

Johannes 11,35 (ELB)

Der kürzeste Vers der Bibel.
Ein Vers der richtig unter die Haut geht, mir zumindest.

  • Weinte Jesus, weil er Lazarus so sehr liebte, so wie es die umstehenden Leute sagten?
  • Weinte Jesus, weil er die Antwort auf die Bitte des reichen Mannes kannte?
  • Weinte Jesus, weil er ihren Unglauben sah?

Wahrscheinlich wieder eine Mischung aus allem.
Jesus stellt sich an die Gruft, dankt Gott und ruft:

„Lazarus, komm heraus!“

Johannes 11,43 (ELB)

Auch so ein Vers, der mir unter die Haut geht.
Wie viel Macht in den Worten Jesu steckt.
Wie viel Macht unser Schöpfer hat.
Unfassbar! … unbegreiflich!

Und die Reaktion?
Viele Glaubten
… ABER

„Da versammelten die Hohen Priester und die Pharisäer den Hohen Rat und sprachen:
Was tun wir?
Denn dieser Mensch tut viele Zeichen.

Johannes 11,47 (ELB)

„Von jenem Tag an ratschlagten sie nun, um ihn zu töten.“

Johannes 11,53 (ELB)

Jesus beweist noch ein letztes Mal, dass er der Messias, der Christus, des Gesalbte, der angekündigte Retter und Erlöser Israels ist … Doch die geistlichen Führer Israels glauben nicht. Wie Abraham in der Geschichte vom reichen Mann vorhergesagt hatte:

„Er sprach aber zu ihm: Wenn sie Mose und die Propheten nicht hören, so werden sie auch nicht überzeugt werden, wenn jemand aus den Toten aufersteht.“

Lukas 16,31 (ELB)

Und es kommt noch schlimmer:

„Die Hohen Priester aber ratschlagten, auch den Lazarus zu töten,
weil viele von den Juden um seinetwillen hingingen und an Jesus glaubten.“

Johannes 12,10-11 (ELB)

Jesus wurde endgültig als Messias verworfen.

Warnst du?
Warne ich?

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